![Featured image for “Warum es nicht ums pure Überleben geht”](https://blog.plant-for-the-planet.org/wp-content/uploads/2025/02/53140344691_06ed846b88_k.jpg)
Oder: Warum Bäume mehr als Zahlen sind. 🌿
Wusstest du, dass einst ein einzelner Baum in der Sahara als Orientierungspunkt für erschöpfte Reisende diente? Der Baum von Ténéré, bekannt als „der einsamste Baum der Welt“, half Generationen von Entdeckern fast 300 Jahre lang, ihren Weg durch die Wüste zu finden – bis er in den siebziger Jahren auf tragische Weise von einem betrunkenen Fahrer gefällt wurde. Diese Akazie war der einzige Baum im Umkreis von 400km – in einer für jegliches Leben unwirtlichen Gegend.
Die Geschichte dieses bemerkenswerten Baumes wirft eine entscheidende Frage auf: Wie kann man “Erfolg” beim Baumpflanzen definieren? Der Baum von Ténéré überdauerte extreme Bedingungen – ist also reines Überleben das oberste Ziel? Es klingt logisch, doch wenn wir Ökosysteme wiederherstellen wollen, ist die Realität weitaus komplexer. Tatsächlich überleben manche unserer Bäume nicht einmal ein Jahr.
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Auf unserer Website geben wir Überlebensraten von 0 % bis 80 % an – eine gewaltige Spanne. Der Punkt ist, dass wir Bäume nicht nur pflanzen, um Zahlen vorzuweisen, sondern um Ökosysteme zu regenerieren. Und dafür braucht es mehr als reine Überlebensstatistiken – es braucht Artenvielfalt.
Natürlich könnten wir ausschließlich die widerstandsfähigsten Arten pflanzen, die mit Sicherheit überleben. Es wäre günstiger, einfacher und sähe auf dem Papier gut aus. Aber welchen Wald würden wir damit erschaffen? Eine monotone Landschaft ohne die Vielfalt an Wechselwirkungen, die ein gesundes, sich selbst erhaltendes Ökosystem ausmachen.
Ein gutes Beispiel ist unser Wiederaufforstungsprojekt auf der Yucatán-Halbinsel. Dort pflanzen wir über 40 verschiedene Baumarten. Einige gedeihen mit einer Überlebensrate von 80 %, andere erreichen kaum 10 %. Warum also auch die „schwächeren“ Arten anpflanzen? Weil sie essenzielle Funktionen erfüllen: Sie locken Bestäuber wie Bienen und Schmetterlinge sowie Samenverbreiter wie Fledermäuse und andere Tiere, ohne die ein Ökosystem nicht überleben kann.
Nehmen wir Caesalpinia vesicaria, auch bekannt als Fierrillo. Während der Trockenzeit produziert dieser Baum leuchtend gelbe Blüten, die eine wichtige Nahrungsquelle für Bienen sind. Diese Bienen wiederum bestäuben andere Pflanzen und fördern so die gesamte Artenvielfalt des Waldes. Auch wenn Fierrillo selbst vielleicht nur wenige Jahre überlebt, ist sein ökologischer Beitrag enorm.
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Die Natur ist ein Meister der Zusammenarbeit.
Jeder Baum, jedes Insekt, jeder Vogel ist Teil eines komplexen Netzwerks. Selbst ein kurzlebiger Baum kann den Boden mit Nährstoffen anreichern, wichtige Tierarten anlocken und den Weg für widerstandsfähigere Pflanzen ebnen.
Doch es geht nicht nur um die Bäume selbst. Jeder einzelner Baum ist ein Mikro-Lebensraum in sich selbst für unzählige Arten. Das Zusammenwirken von Pflanzen, Tieren, Pilzen und Mikroorganismen macht einen Wald erst zu dem, was er wirklich ist – ein lebendiges Ökosystem.
Wenn wir also über Überlebensraten sprechen, sollten wir uns fragen: Geht es wirklich nur darum, wie viele Bäume heute überleben? Oder geht es vielmehr darum, einen widerstandsfähigen Lebensraum zu fördern, der auch ohne menschliches Zutun weiter bestehen und wachsen kann?
Wer weiß? Wäre der Baum von Ténéré von anderen Pflanzen und Bestäubern umgeben gewesen, könnten seine Nachkommen heute noch gedeihen. Vielleicht hätte sich dort ein vielfältiges Ökosystem gebildet, dann gälte der Baum von Ténéré vielleicht nicht nur als Symbol des Lebens – sondern wäre Teil eines blühenden Lebensraums gewesen.
Lassen wir uns also nicht von bloßen Überlebensraten leiten, sondern das langfristige Überleben unseres Planeten sichern.