
Ich bin Jule und seit meinem 12. Lebensjahr Botschafterin für Klimagerechtigkeit bei Plant-for-the-Planet. Bei einer der jährlichen Kinderkonferenzen hörte ich eine Mitarbeiterin von Plant-for-the-Planet darüber sprechen, wie sie mit Anwälten zusammenarbeiten, die ihnen dabei helfen, das Netzwerk von Organisationen weltweit auszubauen. Recht und Klimaschutz waren in meinem Kopf schon immer miteinander verbunden. Kurz darauf schloss ich mich der Kampagne „We want to Vote“ an, die sich für das Wahlrecht von Kindern unter 18 Jahren einsetzen.
Das Recht als Werkzeug für Klimagerechtigkeit entdecken
Die sich verschärfenden Auswirkungen der Klimakrise weltweit und die scheinbare unmögliche Herausforderung für junge Menschen, von ihren Regierungen durch friedliche Proteste wirkungsvolle Maßnahmen für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit einzufordern, veranlassten mich, nach Möglichkeiten zu suchen, wie junge Menschen das Recht nutzen können, um Regierungen zur Verantwortung zu ziehen.
2019 rief mich meine enge Freundin Aoife Fleming an, die damals niederländische UN-Jugenddelegierte für nachhaltige Entwicklung war. Sie erzählte mir, dass sie Solomon Yeo von der Pacific Island Students Fighting Climate Change (PISFCC) bei der UNFCCC COP25 getroffen hatte und dass er nach globaler Unterstützung suchte, um eine Kampagne zu starten, mit der das größte Problem der Welt vor das höchste Gericht der Welt gebracht werden sollte. Wir begannen sofort mit der Arbeit an diesem Projekt, das damals wie ein kühner, ehrgeiziger Traum erschien.
Wir haben unsere Freunde mobilisiert, uns organisiert und regionale Vernetzungsgruppen auf der ganzen Welt gegründet. Wir haben Strategiepapiere erstellt, sind auf Demos gewesen, haben Briefe an Ministerien verschickt, Podcasts aufgenommen, viel, viel Hintergrundrecherche betrieben, geschrieben, umgeschrieben, Entwürfe für Kommunikationskampagnen erstellt und überarbeitet.
Ich bin unseren Kollegen aus Asien, Afrika, Lateinamerika, der Karibik und Europe sehr dankbar für ihre Arbeit auf regionaler Ebene, um Regierungen in Hauptstädten weit entfernt von Den Haag dazu zu bewegen, über den Klimafall zu sprechen. Sie haben mit Teams für die Ausarbeitung von Gesetzen zusammengearbeitet, öffentliche Veranstaltungen organisiert, Publikationen übersetzt und ihre eigenen Rechts- und Politikgutachten verfasst.
Und natürlich gilt mein besonderer Dank unseren Freunden vom PISFCC und den zivilgesellschaftlichen Organisationen im Pazifikraum, die auf nationaler und regionaler Ebene gezeigt haben, wie die Geschichten, die Kultur und die Überzeugungen der Menschen zu einer Kraft werden können, die die Welt auf beispiellose Weise verändern kann.
Junge Menschen können den Weltgerichtshof beeinflussen
Menschen des Globalen Südens forderten den Internationalen Gerichtshof in Den Haag auf, über die Verpflichtungen der Staaten im Hinblick auf den Klimawandel zu entscheiden – und der Gerichtshof reagierte darauf.


Das historische Urteil des IGH und was es bedeutet
Am 23. Juli legte das aus 15 Richtern bestehende Gericht eine 120-seitige Antwort auf die Fragen vor, die die UN-Generalversammlung im Jahr 2023 gestellt hatte.
Die Feststellungen des Gerichts sind aus mehreren Gründen von Bedeutung:
- Es handelt sich um den größten Fall in der Geschichte mit einer beispiellosen Beteiligung von Staaten, insbesondere aus Afrika, dem Pazifikraum, der Karibik und Lateinamerika. Das Gericht erkannte an, dass dies die Bedeutung des Themas für die Staaten unterstreicht.
- Das Gericht bestätigte, dass die besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse, wie sie derzeit vom IPCC verstanden werden, eine hohe Wahrscheinlichkeit schwerwiegender Schäden für die Menschen und den Planeten mit jedem Bruchteil eines Grads globaler Temperaturerhöhung prognostizieren.
- Die Staaten sind gesetzlich verpflichtet, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um ambitionierte Nationale festgelegte Beiträge (NDCs – Nationally Determined Contributions) umzusetzen, mit denen das vereinbarte Temperaturziel von 1,5 Grad erreicht werden kann. Wenn festgestellt wird, dass Länder keine signifikantenAnstrengungen unternehmen, kann dies rechtliche Konsequenzen haben.
- Fossile Brennstoffe erhielten vom Gericht eine deutlicherote Karte: Das Gericht befand, dass Staaten Schäden für andere Staaten durch Emissionen verhindern müssen.
- Das Gericht machte die Staaten für die Handlungen privater Akteure, einschließlich Unternehmen der fossilen Brennstoffindustrie, verantwortlich, was von großer Bedeutung ist für die Frage der Rechenschaftspflicht und nationaler Gesetzgebungen und -änderungen beispielsweise in Bezug auf Subventionen für fossile Brennstoffe oder Explorationslizenzen.
Zwei besondere Erkenntnisse, die für die Arbeit von Plant-for-the-Planet relevant sind:
- Das Gericht bekräftigte ausdrücklich die rechtliche Verpflichtung der Länder, zusammenzuarbeiten, um “Kohlenstoffsenken und -speicher” zu erhalten und zu verbessern. Das heißt übersetzt, Wälder und andere Ökosystem müssen besser geschützt werden.
- Das Gericht stellte die Wiederherstellung von Ökosystemen als eine mögliche Maßnahme für Länder dar, um ihren Anpassungsverpflichtungen nachzukommen, sowie als eine Form der Wiedergutmachung für schädliche Handlungen von Staaten.
Das Gericht berücksichtigte ferner sowohl das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung als auch das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt als relevant für den Klimawandel. Dies stärkt die Forderungen derjenigen, die sich für Synergien zwischen den verschiedenen UN-Übereinkommen einsetzen, um eine kohärente, harmonisierte, ehrgeizige und faire Umsetzung der Verpflichtungen sicherzustellen.
Kein Traum zu groß: Jugendaktion in einer sich verändernden Welt
Das Urteil des Gerichts ebnet den Weg für die dringend notwendige Rechenschaftspflicht für Klimaschäden.
Der Weg zu diesem Urteilwar lang und für die Beteiligten mit vielen Höhen und Tiefen verbunden. Doch dieser Weg zeigt auch, dass es wirklich keine Grenzen gibt, wenn man an einen gemeinsamen Traum glaubt, und dass kein Mensch zu jung oder zu unbedeutend ist, um etwas zu bewegen. Vielen Dank an alle, die uns während des gesamten Prozesses unterstützt haben, und an Plant-for-the-Planet, die für mich den Grundstein für diese Form der rechtlichen Interessenvertretung gelegt haben.
Eine erste Zusammenfassung des Urteils des IGH von meinen Freund*innen und Kolleg*innen von WYCJ, PISFCC und CIEL finden Sie hier. Wenn Sie mehr über die offizielle Stellungnahme von Plant-for-the-Planet lesen möchten, finden Sie sie hier.