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November 3, 2025
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Zeinep Ibragim Kyzy

Wo Wissenschaft Wurzeln schlägt: Dr. Anna Gees Beitrag zur Renaturierung der Halbinsel Yucatán

Anna Gee, unsere Projektleiterin für Renaturierung und Waldschutz, hat neue Forschungsergebnisse veröffentlicht. Sie zeigen, wie die tropischen Trockenwälder auf der Yucatán-Halbinsel nach Störungen wieder nachwachsen und wie wir diese Erkenntnisse bereits praktisch anwenden.

Warum kehren manche Arten von selbst in den Wald zurück und andere nicht?

Ich wollte herausfinden, warum manche Arten zurückkehren, und habe dafür die sekundäre Sukzession des tropischen Trockenwaldes im Yucatán-Restaurierungsprojekt untersucht. Für meine Arbeit lebte ich in der Zentrale von Plant-for-the-Planet Mexico in Constitución und war an allen sieben Las-Americas-Standorten unterwegs. Unzählige Stunden habe ich zusammen mit Oscar, unserem Direktor für Restaurierung und Forschung, im Feld verbracht: Wir haben Samen, Jungpflanzen und ausgewachsene Bäume in Wäldern unterschiedlichen Alters untersucht und bestimmt. Allein für diese Studie haben wir unglaubliche 15.665 Samen, 2.610 Jungpflanzen und 531 ausgewachsene Bäume katalogisiert.

Meine Studie zeigt, wie Wälder nach Eingriffen von selbst wieder zu Kräften kommen und wie wir diese Erkenntnisse nutzen können, um Renaturierungsprojekte zu leiten. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Forest Ecology & Management, veröffentlicht. Es ist ein riesiger Meilenstein, nicht nur für mich persönlich, sondern auch für die Wissenschaft der Waldrenaturierung.

Wie kam es überhaupt zu dieser Untersuchung?

Wenn ein Wald nach Eingriffen wieder zu Kräften kommt, sprechen Wissenschaftler:innen von sekundärer Sukzession. Es läuft ganz natürlich ab: Pflanzen, die an freie und gestörte Flächen gewöhnt sind, erobern zuerst den Boden. Schritt für Schritt schaffen sie Schatten und verbessern die Erde, sodass andere Pflanzen nachkommen können. Forschende auf der ganzen Welt haben beobachtet, dass die sekundäre Sukzession oft keinen Wald entstehen lässt, der genau dieselben Baumarten wie vorher enthält.

Was haben wir herausgefunden?

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Antwort in den funktionellen Eigenschaften der Baumarten liegt. Mit funktionellen Merkmalen meint man die Eigenschaften von Pflanzen, die zeigen, wie sie sich in ihrer Umwelt verhalten und welche Funktion sie im Wald haben. Das umfasst viele verschiedene Aspekte: Hat die Pflanze Dornen? Ist die Pflanze laubabwerfend oder immergrün? Kann sie Stickstoff speichern? Hat sie einfache Blätter wie bei der Buche oder sind sie zusammengesetzt wie bei der Esche?

Einfache Blätter

Unsere Studie zeigt, dass wir vorhersagen können, welche Funktionen die Pflanzen im Wald übernehmen werden, auch wenn wir nicht genau wissen, welche Arten es sein werden. In unseren Untersuchungsgebieten bestand der Wald in der frühen Phase der sekundären Sukzession hauptsächlich aus laubabwerfenden Arten mit zusammengesetzten Blättern und der Fähigkeit, Stickstoff zu binden. Reifere Sekundärwälder wurden dagegen eher aus immergrünen Arten mit einfachen Blättern dominiert, die keinen Stickstoff fixieren.

Zusammengesetzte Blätter

Warum ist das von Bedeutung?

Diese Veränderungen sind wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass Arten auf die unterschiedlichen Umweltbedingungen reagieren, die während der sekundären Sukzession entstehen. Ihre Reaktionen schaffen wiederum neue Umweltbedingungen und führen zu einer positiven Rückkopplungsschleife. Wir haben alle Lebensphasen eines Baumes untersucht, vom kleinen Samen bis zum großen, 30 Meter hohen Baum. Dabei wurde klar, dass vor allem Samen und junge Keimlinge besonders stark auf Veränderungen in der Umwelt reagieren.

Abschließende Gedanken

Wir freuen uns sehr, dass unsere Forschung in Forest Ecology and Management veröffentlicht wurde, eine Zeitschrift, die den Austausch zwischen Wissenschaft und Waldmanagement fördert. Renaturierung sollte immer auf fundierter Wissenschaft basieren und das Yucatán-Projekt erlaubt uns, zentrale Fragen der Renaturierung direkt zu untersuchen. Die Untersuchung wäre ohne die tatkräftige Unterstützung des Teams in Mexiko nicht möglich gewesen.

Ich nutze die Ergebnisse meiner Forschung jetzt auch in meinem neuen Job als Projektleiterin für Renaturierung und Waldschutz bei Plant-for-the-Planet. Bevor ich entscheide, ob wir an einem neuen Standort aktiv werden müssen, überprüfe ich zuerst, ob die Natur das Gebiet vielleicht schon alleine wieder auf Vordermann bringen kann. Dazu schaue ich mir genau an, welche Setzlinge wachsen und kontrolliere, ob alle wichtigen funktionalen Eigenschaften für einen gesunden Wald vertreten sind. Es ist auch sehr hilfreich zu wissen, dass Samen und junge Setzlinge am stärksten auf die Umwelt reagieren, denn so lönnen wir genau planen, in welchem Lebensstadium wir mit Renaturierungsmaßnahmen gezielt eingreifen.

Die Wissenschaft zeigt uns, wie Wälder sich selbst heilen können. Wenn wir gemeinsam handeln, können wir sie für viele Generationen bewahren.
Hilf mit, Wälder weltweit wiederherzustellen.