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Juni 13, 2025
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Zeinep Ibragim Kyzy

Die Wahrheit über Waldbrände (und warum wir zu oft schuld sind)

Waldbrände gehören heute zu den größten Bedrohungen für unsere Wälder – und wir müssen verstehen, wie sie entstehen, um sie verhindern zu können.

Wusstest du, dass die größte Bedrohung für Wildtiere heute nicht unbedingt die brütende Hitze durch den Klimawandel ist? Sondern wir selbst? Rund 90 % aller Waldbrände weltweit gehen auf menschliches Handeln zurück. Eine achtlos weggeworfene Zigarette oder ein unbeaufsichtigtes Lagerfeuer können Generationen von Bäumen, ganze Ökosysteme und unzählige Stunden an Renaturierungsarbeit zunichtemachen. Selbst unsere kleinsten Handlungen können riesige Folgen haben.

Wenn man weiß, wie viel Sorgfalt, Zeit und Leidenschaft in die Renaturierung zerstörter Flächen fließt, ist es einfach nur niederschmetternd, wenn ein Waldbrand ausbricht. Selbst wenn er auf einem anderen Kontinent wütet – wie der letzte in Yucatán – fühlt es sich an, als würde er direkt vor unserer Haustür passieren.
Wir haben ausgebildete Ranger eingestellt, smarte Technologien im Einsatz und starke Partnerschaften aufgebaut, um diese Ökosysteme zu schützen. Trotzdem bedrohen Waldbrände immer wieder alles, was wir aufgebaut haben. Und mit dem Fortschreiten der Klimakrise werden sie noch häufiger auftreten. Schon jetzt machen sie etwa 10 % aller klimabedingten Katastrophen aus – bis 2080 könnten es 50 % sein.

Also, reden wir über die verschiedenen Arten von Waldbränden, ihre Ursachen – und vor allem darüber, wie wir sie verhindern können.

1. Bodenbrand (oder Lauffeuer)

Das sind die häufigsten und bekanntesten Waldbrände – die, die du oft in den Nachrichten siehst. Flammen, die über den Waldboden kriechen, niedrige Vegetation verkohlen und junge Bäume abtöten. Frisch gepflanzte Wälder sind besonders anfällig, vor allem wenn trockene Gräser und Sträucher nah an den Baumstämmen wachsen. Aber auch ältere Wälder können komplett zerstört werden, wenn sich Bodenfeuer durch Wind und Trockenheit auf größere Flächen ausbreiten. Weltweit fließt der Großteil der Ressourcen zur Waldbrandbekämpfung in diese Art von Feuer.

2. Moorbrand

Stell dir ein tödliches Feuer vor – ohne sichtbare Flammen, das unter deinen Füßen lodert. Klingt höllisch? Ist es auch. Und es ist die Hölle, so ein Feuer zu löschen. Moorbrände brennen unter der Oberfläche des Waldbodens und fressen sich durch organisches Material wie Torf oder verrottete Wurzeln in der Humusschicht. Sie entstehen durch Glutverbrennung (also ohne Flammen) und bleiben oft lange unentdeckt, weil sie sich langsam, bei niedrigen Temperaturen und unterirdisch ausbreiten.

Das Nervigste an diesen Bränden ist der dichte Rauch, den sie mitunter produzieren – er kann Wildtiere sowie nahegelegene Städte und Dörfer regelrecht ersticken. Manchmal halten sich Schwelbrände über Wochen oder sogar Monate, selbst bei niedrigen Temperaturen. Sie treten am häufigsten in Regionen mit hohem organischem Anteil im Boden auf – etwa in Moorlandschaften, wo der Boden zwar viel Feuchtigkeit speichert, aber unter den richtigen Bedingungen dennoch Feuer fangen kann.

3. Vollfeuer (oder Kronenfeuer)

Das sind die richtig großen – die furchterregenden Feuer, die von Baumkrone zu Baumkrone springen. Tatsächlich sind Kronenfeuer die heftigsten und gefährlichsten Waldbrände. Sie lodern in der oberen Baumkrone und werden oft von Bodenfeuern angefacht, die über Sträucher und kleinere Bäume nach oben klettern – das nennt man den „Leitereffekt“. Kronenfeuer sind schnell, gnadenlos und fast unmöglich zu kontrollieren, sobald sie einmal in Gang sind. Besonders anfällig sind Nadelwälder.

Aber wie entstehen diese Brände eigentlich?

Kontrollierte Brände können außer Kontrolle geraten

Vorgeschriebene Brände sind hilfreich – wenn sie richtig durchgeführt werden. Sie helfen, zu viel Bewuchs zu kontrollieren und halten Ökosysteme gesund. Aber selbst der sorgfältigste Brand kann schnell aus dem Ruder laufen. Ein plötzlicher Windstoß oder Wetterwechsel kann aus einem kontrollierten Feuer ganz schnell einen Waldbrand machen. Deshalb ist es so wichtig, lokale Bauern und Renaturierungsteams gut zu schulen. Unser Team nutzt zum Beispiel die FireAlert App, um das Brandrisiko im Blick zu behalten. Wenn die Karte beispielsweise rot aufleuchtet, ist es definitiv keine gute Idee, ein Feuer zu entzünden.

Unbeabsichtigte Brände in der Landwirtschaft

Das überrascht viele: Waldbrände können auch bei feuchten Bedingungen entstehen. Wenn dicht gepacktes organisches Material wie Heu verrottet, bauen Bakterien die Zucker ab und setzen dabei CO₂, Wasser und Wärme frei. Wenn die Temperatur im Inneren über 55 °C steigt, können chemische Reaktionen entstehen, die brennbare Gase produzieren. Schon ein Funke oder heißes Gerät kann dann den ganzen Stapel in Brand setzen.

Es ist kompliziert und leicht zu übersehen. Deshalb sollte das Verbreiten von Wissen über sichere landwirtschaftliche Praktiken ein zentraler Schritt bei der Renaturierung von Wäldern sein.

Die Gefahr durch nicht-einheimische Baumarten

Bäume zu pflanzen gilt oft als die beste Klimaschutzmaßnahme – aber so einfach ist es nicht. Manche fremde Baumarten enthalten Öle und Harze, die leichter brennen als heimische Arten. Wenn wir nicht aufpassen, könnten wir feueranfällige Bäume an Renaturierungsstandorten pflanzen und so das Risiko von Waldbränden erhöhen.

Deshalb haben wir unsere Botschaft von „Bäume pflanzen“ hin zu „Wälder renaturieren“ verändert. Bäume pflanzen ist nur ein Teil des Puzzles. Echte Renaturierung bedeutet, die lokale Ökologie zu verstehen, die passenden Arten auszuwählen und zukünftige Risiken wie Feuer aktiv zu managen.

Wie wir Brände verhindern

Unser Team in Yucatán erhält jedes Jahr eine Brandschutzausbildung von der CONAFOR (Nationalen Forstkommission Mexikos), um zu lernen, wie man Brandschneisen richtig schneidet und Brände sicher bekämpft.
Brandschneisen sind etwa fünf Meter breite Streifen, bei denen die Vegetation komplett entfernt wird. Meistens schneidet unser engagiertes Team das trockene Gras mit Macheten ab. Diese Streifen wirken wie ein Puffer: Wenn ein Feuer darauf trifft, geht ihm der Brennstoff aus und es erlischt.
Wir legen diese Streifen vor allem in besonders gefährdeten Bereichen an, zum Beispiel an Straßenrändern, wo Menschen oft Zigaretten aus dem Autofenster werfen.

Wir nutzen außerdem zwei Alarmsysteme:

  1. FireAlert App – Sie warnt uns in Echtzeit vor ungewöhnlichen Wärmeanomalien.
  2. Lokale Tools – Speziell für unsere Region entwickelt, helfen sie uns, schnell und effektiv zu reagieren.

Wenn eine Feuerwarnung eingeht, lassen alle sofort alles stehen und liegen und legen los. Das Team analysiert die Windrichtung, um herauszufinden, wohin sich das Feuer bewegt. So lässt sich bestimmen, wo genau die Brandschneisen angelegt werden müssen.
Da unsere Ressourcen begrenzt sind und das Schneiden der Brandschneisen mit Macheten eine mühsame und zeitintensive Arbeit ist, nutzen wir alle verfügbaren Mittel, um effizient zu arbeiten und uns auf die besonders gefährdeten Bereiche zu konzentrieren.
Die Ranger bleiben im freigeräumten Streifen und löschen dort mit Feuerfächern (große Gummipads an Holzstangen) und tragbaren Wassertanks jede Feuerstelle, die versucht, die Brandlinie zu überqueren.

Die eigentliche Gefahr: junge Wälder

Alte Wälder sind meist relativ sicher vor Waldbränden. Ihre dichten Baumkronen werfen Schatten und halten den Waldboden feucht. Junge Wälder – also die, die wir aktiv pflanzen – sind da anders. Sie haben oft dichten Unterwuchs aus trockenem Gras und Sträuchern, perfektes Brennmaterial für Brände. Den ganzen Unterwuchs per Machete zu entfernen, ist fast unmöglich.

Deshalb glauben wir: Bildung ist der Schlüssel

Absichtlich gelegte Feuer für illegale Jagd, versehentliche Funken bei der Landwirtschaft oder Brandrodung – all das lässt sich verhindern. Die Menschen müssen nur die Risiken verstehen und wissen, wie sie sich richtig verhalten müssen.

Wir haben viel gelernt – und lernen immer noch dazu. Aber wenn es eine Sache gibt, die du mitnehmen solltest, dann diese: Die meisten Waldbrände werden von Menschen verursacht. Und das heißt: Die meisten Waldbrände können auch von Menschen verhindert werden. Lass uns diese Menschen sein.

Wenn du also das nächste Mal von einem Waldbrand hörst, denk nicht nur an „Klimawandel“. Denk an die Zigarette, die aus dem Autofenster geworfen wurde. Denk an den Müllhaufen, der angezündet und unbeaufsichtigt gelassen wurde. Denk an Bildung, Verantwortung und die kleinen Entscheidungen, die einen großen Unterschied machen können. Blitzschlag können wir nicht kontrollieren – aber was wir vor dem Sturm tun, sehr wohl.