
Die Mangroven-Renaturierung ist weit mehr als eine eintägige Pflanzaktion – sie ist ein fortlaufender Prozess, der Engagement, gemeinschaftliches Eigentum und langfristiges Management erfordert, um erfolgreich zu sein. Diese einzigartigen Küstenwälder sind mehr als nur Bäume: Sie sind Lebensadern. Sie sichern lokale Lebensgrundlagen, dienen als Laichgebiete für Fische und bieten unzähligen Arten ein Zuhause, die von ihren komplexen Wurzelsystemen und geschützten Gewässern abhängen.
In Kenia wird die Mangrovenfläche auf 61.271 Hektar geschätzt — nur ein kleiner Bruchteil der gesamten Waldfläche des Landes. Die meisten dieser lebenswichtigen Ökosysteme befinden sich im County Lamu, kleinere Bestände in den Countys Tana River, Kilifi, Mombasa und Kwale. Trotz ihrer begrenzten Ausbreitung spielen Mangroven eine übergroße Rolle: Sie schützen Küstenlinien vor Erosion, bieten einen Puffer gegen Stürme, fördern die Biodiversität und sichern lokale Wirtschaften durch Fischerei, Tourismus und Waldprodukte.
Bedrohungen für Mangroven-Ökosysteme
Wie viele Küstenwälder weltweit sind auch Kenias Mangroven zunehmender Degradierung durch menschliche Aktivitäten und natürliche Faktoren ausgesetzt. Die alarmierendsten Ursachen sind:
- Illegaler Holzeinschlag für Bauholz und Holzkohle
- Hydrologische Veränderungen in Gezeitenarmen, die den Wasserfluss in Mangrovengebiete stören
- Küstenentwicklung, die lebenswichtige Lebensräume zerstört
- Verschmutzung aus landbasierten Quellen
Entlang der malerischen Malindi–Ungwana-Bucht liegt das Marereni-Mangroven-Ökosystem — eine Lebensader für marine Biodiversität und lokale Lebensgrundlagen. Heute ist diese Lebensader stark bedroht — nicht durch Kettensägen oder Verschmutzung, sondern durch gravierende hydrologische Veränderungen. Ungewöhnliche Sandablagerungen, verursacht durch Winderosion, haben sich in die Mangrovengebiete vorgearbeitet, Gezeitenarme blockiert und den natürlichen Wasserfluss gestört. Die Folgen sind verheerend und sowohl vor Ort als auch aus der Luft sichtbar:
- Wasser stagniert über lange Zeiträume (2°50’29.77″S 40°10’33.22″E)
- Übermäßige Salzkonzentrationen entstehen, wenn stagnierende Wasserbecken in der Hitze verdunsten
- Mangrovenwurzeln ersticken durch langanhaltende Überflutung
- Über 50 Hektar einst blühender Mangroven sind bereits abgestorben


Mangroven sind nicht nur Bäume. Sie sind Laichgebiete für Fische, mächtige Kohlenstoffsenker, natürliche Schutzschilde gegen Stürme und lebenswichtige Einkommensquellen für unsere Gemeinschaften. Ihr Rückgang bedeutet den Verlust von Biodiversität, den Zusammenbruch der Fischerei, geschwächten Küstenschutz und tiefere Armut für die Familien, die von ihnen abhängig sind.
Doch wir geben nicht auf. Als Mitglieder der Gemeinschaft und Hüter dieses Ökosystems ergreifen wir Maßnahmen, um den Wasserfluss wiederherzustellen, degradierte Flächen zu rehabilitieren und die reiche Biodiversität wiederzubeleben, die hier einst gedeihte. Unsere Vision ist ein widerstandsfähiges Ökosystem: ein sicheres Brutgebiet für Meereslebewesen, ein Puffer gegen den Klimawandel und eine Basis für nachhaltige Lebensgrundlagen.
Mtwapa Creek — Vom blühenden Wald zur kahlen Küstenlinie
Ein drastisches Beispiel menschengemachter Zerstörung findet sich am Mtwapa Creek, einem unserer aktuellen Renaturierungsprojekten.
Im Jahr 2011 war Mtwapa Creek noch ein blühendes, unberührtes Mangroven-Ökosystem. Mächtige Bäume beschatteten die Gezeitenkanäle, Fischbestände florierten, und die umliegenden Gemeinden lebten von gesunder Fischerei als Haupteinnahmequelle. Doch zunehmende Armut veränderte das Bild. Mangels alternativer Einkommensquellen wandten sich viele Einheimische der Holzkohleproduktion und der Gewinnung von Bauholz zu. Die ökologischen Folgen waren der Gemeinschaft nicht bewusst — bis es zu spät war. Während der COVID-19-Pandemie 2020 nahm die Abholzung zu, da viele aus den Städten aufs Land zurückkehrten und keine Einkünfte hatten. Der Druck auf den Wald wurde untragbar, und die Fischerei brach zusammen.


Renaturierung mit der Gemeinschaft im Mittelpunkt
2022 begann ich (Julius Sila), mit der Gemeinde von Mtwapa über Renaturierungsmöglichkeiten zu sprechen. Älteste und Fischer berichteten bewegend, wie der Creek einst reiche Fischbestände bot — und wie sehr ihre Lebensgrundlagen seit dem Verschwinden des Waldes litten.
Aus diesen Gesprächen wurde eine zentrale Wahrheit klar: Armut und fehlende alternative Einkommensmöglichkeiten waren die Wurzeln der Mangrovenzerstörung. Unser Renaturierungsprojekt setzt daher nicht nur beim Bäume pflanzen an, sondern bekämpft diese Ursachen. Unser Ansatz umfasst:
- Aufklärung über die Bedeutung des Schutzes von Mangroven-Ökosystemen
- Alternative Einkommensprojekte wie Imkerei und kleine naturbasierte Unternehmen
- Kapazitätsaufbau, um Gemeinschaften zu befähigen, restaurierte Gebiete nachhaltig zu managen und zu überwachen
Unsere Vision ist eine Zukunft, in der Gemeinschaften und Mangrovenwälder gemeinsam gedeihen, einander unterstützen und in einem Kreislauf von Widerstandskraft und Wohlstand verbunden sind.



Herausforderungen und Hindernisse
Damit Mangroven-Renaturierung wirklich erfolgreich ist, müssen Projekte über das Zählen gepflanzter Setzlinge hinausgehen und die Ursachen der Zerstörung angehen. Zu den größten Herausforderungen gehören:
- Begrenzte Ressourcen und Finanzierung: Viele Modelle fokussieren sich nur auf Pflanzziele statt auf langfristige Pflege, Überwachung und Einbindung der Gemeinschaft.
- Kurzfristige Projektzeiträume: Renaturierung ist ein Prozess über Jahre, doch viele Initiativen werden nur für ein oder zwei Jahre finanziert
- Fehlende Einkommensalternativen: Ohne die Bekämpfung von Armut kehren Gemeinschaften oft aus Not zu zerstörerischen Praktiken zurück
- Geringes Bewusstsein: Manche Gemeinschaften unterschätzen noch immer den ökologischen und wirtschaftlichen Wert von Mangroven
Unsere Renaturierungsprogramme sind so zugeschnitten, dass sie diese Hindernisse berücksichtigen — indem lokale Bedürfnisse, wirtschaftliche Realitäten und die Gesundheit des Ökosystems gleichzeitig adressiert werden. Nur wenn soziale und wirtschaftliche Faktoren zusammen mit der ökologischen Renaturierung angegangen werden, können Mangrovenprojekte nachhaltig sein.


Warum das wichtig ist
Gesunde Mangrovenwälder sichern mehr Fische in den Gezeitenarmen und offenen Gewässern, stärken Küstenlinien gegen Erosion und Stürme und helfen, den CO₂-Ausstoß zu verringern, da Mangroven bis zu viermal mehr Kohlenstoff speichern als Wälder an Land. Sie bieten außerdem nachhaltige Lebensgrundlagen für heutige und künftige Generationen.
Mangroven-Renaturierung bedeutet nicht nur, Bäume zu pflanzen — es geht um den Wiederaufbau von Ökosystemen, um die Wiederherstellung von Hoffnung und um eine Neugestaltung der Beziehung zwischen Mensch und Natur. Wenn wir eine solche Zukunft wollen, dann ist jetzt die Zeit zu handeln.
Mehr über Julius’ Geschichte erfährst du hier, und hier kannst du die Mangroven-Ökosysteme in Kenia einfach und transparent unterstützen.
Über den Autor
Julius Sila ist ein Mangroven-Renaturierungsexperte aus Kenia und Leiter des Projekts COBEC. Er widmet sich dem Schutz von Küstenökosystemen, der Stärkung lokaler Gemeinschaften und der Inspiration junger Menschen weltweit, sich für einen gesünderen Planeten einzusetzen.