Seit der Mensch die Erde besiedelt hat, sind die Hälfte aller Bäume verlorengegangen. Wenn wir einen Teil dieser Wälder wiederherstellen, sei das die effektivste Lösung gegen die Klimakrise, legen die Forscher in Ihrer am Freitag, den 5. Juli, in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlichten Studie dar. Zwei Drittel der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen könnten die neuen Wälder binden.
Welche Auswirkungen wird die Aufforstung auf die Erde haben? Und wo könnten neue Bäume wachsen? Diese Fragen beantwortet die Studie nun erstmals. Auf einer Karte zeigen die Forscher das Wiederaufforstungspotential:
Ihr Ergebnis: Waldflächen so groß wie die USA könnten wiederaufgeforstet werden. 0,9 Milliarden Hektar.
Wenn das gesamte Potential ausgeschöpft wird, könnten die Bäume bis zu 752 Milliarden Tonnen CO2 speichern, sobald sie ausgewachsen sind. Damit würden zwei Drittel der CO2-Emissionen gebunden, die die Menschheit bis heute emittiert hat. Gleichzeitig sind das auch zwei Drittel des noch verbleibenden CO2-Budgets, das die Menschheit maximal ausschöpfen darf, wenn die 2°C-Grenze, wie vom IPCC berechnet, noch gehalten werden soll.
Jetzt Bäume pflanzen und CO2-Emissionen reduzieren
Prof. Tom Crowther, Gründer des Crowther Lab und Mitautor der Studie, sagt: „Wir alle wussten, dass Aufforstung einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten kann, aber wir hatten keine wissenschaftlichen Daten, die beweisen, wie groß diese Wirkung ist. Unsere Studie zeigt deutlich, dass Aufforstung derzeit die beste verfügbare Lösung für den Klimawandel ist und liefert fundierte Beweise, um dahingehende Investitionen zu rechtfertigen. Es wird jedoch Jahrzehnte dauern, bis diese neuen Wälder entstehen, wachsen und ihr volles Potential erreichen. Deshalb ist es entscheidend, dass wir sofort mit der Wiederaufforstung beginnen, bestehende Wälder schützen, andere Klimalösungen vorantreiben und aufhören, fossile Brennstoffe zu nutzen.“
Plant-for-the-Planet-Gründer Felix Finkbeiner freut sich über den Rückenwind von den Forschern. Felix promoviert selbst in Tom Crowthers Team und befasst sich intensiv wissenschaftlich mit den Chancen der Wiederaufforstung als eine von mehreren Lösungen für die Klimakrise. "Natürlich ist diese Studie unglaublich wichtig für uns. Sie zeigt, was für eine große Herausforderung wir vor uns haben", sagt Felix.
Zum Podcast: Interview mit Felix Finkbeiner
Felix bei der Vorstellung der Studie auf der Bundespressekonferenz
Dem Weltklimarat IPCC zufolge könnte eine zusätzliche Milliarde Hektar Wald erforderlich sein, um die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Die neue Studie des Crowther Lab zeigt nun erstmals: Das ist auch möglich.
Auf 1,8 Milliarden Hektar Land in Gebieten mit wenig menschlicher Aktivität, die nicht als städtische oder landwirtschaftliche Fläche gebraucht werden, könnte demnach aufgeforstet werden. Der Wald, der darauf entstehen würde, ist natürlich nicht überall gleichmäßig dicht. So kommen die Forscher auf insgesamt 0,9 Milliarden Hektar dichten Wald als Wiederaufforstungspotential. Dabei haben sie Gebiete mit natürlichem Grasland oder Feuchtgebiete ausgeschlossen. Sie betrachten bei ihren Berechnungen geschädigte Ökosysteme, in denen jetzt auf natürliche Weise Bäume wachsen können.
Prof. Tom Crowther erläutert: „Obwohl staatliches Handeln unerlässlich ist, um das bestmögliche aus dieser Chance zu machen, ist Aufforstung eine Klimalösung, an der wir uns alle beteiligen und damit einen spürbaren Beitrag leisten können. Sie können selbst Bäume züchten, an Baumpflanzinitiativen spenden oder ihr Geld einfach verantwortungsbewusst in Unternehmen investieren, die Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreifen.“
Wie Plant-for-the-Planet die Forscher inspirierte
Tom Crowther widmet sich der Frage, wie viele Bäume gepflanzt werden können, seit ein Botschafter für Klimagerechtigkeit ihn dafür begeistert hat. Das Ganze kam zustande, nachdem Felix vor den Vereinten Nationen gesprochen hat. Er hat damals verkündet, dass wir eine Billion Bäume pflanzen möchten, 1000 Milliarden. Daraufhin fragten sich alle: Hoppla, geht das? Wie viel Bäume gibt es denn überhaupt? Wir waren überrascht, dass uns das kein Wissenschaftler beantworten konnte. Gregor Hintler studierte damals an der Yale University. Er hatte Felix unterstützt, als er noch in Deutschland auf der Schule war. Gregor also fragte für uns mal an der Yale University herum: Kann niemand für uns die Bäume „zählen“? Niemand wollte – bis Gregor seinen Fußballkumpel Tom Crowther fragte. Der erforschte mit seinem Team in Yale dann, wie viele Bäume es gibt. Und wie man sieht: Die Frage hat ihn seither nicht mehr losgelassen.
Wer mitpflanzen will, kann das ganz einfach per Spende oder – als Unternehmen – indem er sich klimaneutral stellt.