
Drei Tage vor TFFF-Start: Wer profitiert vom größten Regenwaldfonds der Geschichte?
Mit der Tropical Forest Forever Facility (TFFF) fällt kurz vor der UN-Klimakonferenz der Startschuss für eine völlig neue Form der Finanzierung des Regenwaldschutzes. Plant-for-the-Planet hat die Plattform TFFFWatch entwickelt, die die verschiedenen Auswirkungen der TFFF modelliert. Am Ende wird die Auswahl des Datensatzes darüber entscheiden, wie und ob Auszahlungen verteilt werden.
Regierungschef*innen werden im Vorfeld der UN-Klimakonferenz auf dem Leaders Summit in Belém, mit der Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung die Tropical Forest Forever Facility (TFFF) ins Leben rufen.
Die TFFF ist ein vorgeschlagener Investitionsfonds, der den langfristigen Erhalt tropischer Wälder sicherstellen soll. Er wird von der brasilianischen Regierung zusammen mit elf weiteren Ländern vorangetrieben.
Im Gegensatz zu traditionellen Naturschutzfinanzierungen, die auf kontinuierlichen Zuwendungen beruhen, wird die TFFF ihr Kapital vorwiegend in Anleihen aus Schwellenländern investieren. Die Gewinne aus den Investitionen werden dann an Regenwaldländer ausgezahlt. Je mehr Regenwald ein Land schützen kann, desto mehr Geld erhält es. Wird die Abholzung allerdings fortgesetzt, werden Strafen fällig.
Den Weg zu 25 Milliarden US-Dollar ebnen
Die Staats- und Regierungschef*innen der Welt sind aufgefordert, in die TFFF zu investieren, damit die Einrichtung des Sponsorenkapitals ermöglicht wird. Dieses Kapital ist die Grundlage für das Investitionskapital, das den Fonds bilden wird. Bislang ist Brasilien das einzige Land, das eine feste Investitionszusage gemacht hat. Indonesien hat ebenfalls eine Investition in Höhe von 1 Mrd. US-Dollar angekündigt, aber Details hierzu sind rar.
Die Vereinigten Arabischen Emirate, Großbritannien, China und Norwegen könnten zu den Ländern gehören, die sich bei der Einführung am Donnerstag zu Investitionen verpflichten. Deutschland, die EU und andere sind potenzielle Investoren, die die Einführung wahrscheinlich unterstützen, ihre Investitionen jedoch erst später bekannt geben werden.

Was passiert, wenn weniger als 25 Milliarden US-Dollar zusammenkommen?
Die TFFF kann bereits mit weniger Mitteln ihre Arbeit aufnehmen. Für jede Milliarde US-Dollar an staatlichen Mitteln wird erwartet, dass der Fonds etwa vier Milliarden US-Dollar an privaten Investorengeldern einwerben kann.
Mit der Hälfte der staatlichen Mittel wäre der Gesamtinvestitionsfonds halb so groß und die Auszahlungen könnten ebenfalls nur halb so hoch ausfallen. Die Höhe der Auszahlungen pro Hektar ist deshalb noch nicht final definiert. Für die voll finanzierte TFFF werden 4 US-Dollar pro Hektar veranschlagt.
Für unsere Berechnung der Auszahlungen an die Länder gehen wir von einer vollständigen Finanzierung der TFFF aus.
Die Wahl des Datensatzes entscheidet über Milliardenunterschiede bei den Auszahlungen
Die Auszahlungen der TFFF an die Länder werden anhand ihrer Entwaldungs- und Waldschädigungsraten bestimmt, die mit Satelliten gemessen werden.
Es gibt jedoch einige Abweichungen in den Definitionen von Entwaldung und Waldschädigung. Doch gerade diese Definitionen könnten für bestimmte Länder einen Unterschied von Hunderten von Millionen US-Dollar bei den Auszahlungen machen.
Es gibt zwei häufig verwendete Klassifikationen für Waldveränderungen: Hansen/Global Forest Watch (GFW) und die tropischen Feuchtwälder der JRC (JRC). Die beiden Systeme basieren auf denselben Satellitendaten (Landsat constellation), aber aufgrund ihrer unterschiedlichen Walddefinitionen kommen sie zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen.
Ein extremes Beispiel: Myanmar hat im GFW-Modell dreimal so viel TFFF-fähigen Wald wie im JRC-Modell – für viele andere Länder sind die Unterschiede vernachlässigbar.
Leider stimmen die Definitionen von Entwaldung und Waldschädigung in keinem der beiden Modelle vollständig mit den Definitionen der TFFF überein. Zu den Problemen gehören unter anderem:
- Das JRC bildet nur tropische Wälder ab. Subtropische Wälder, die in die TFFF einbezogen werden sollen, werden nicht hinzugenommen.
 - Gemäß den TFFF-Regeln gelten nur Waldflächen mit einer Baumkronenbedeckung von mindestens 20 bis 30 Prozent als förderfähige Wälder. Das JRC-Modell schließt hingegen Wälder mit einer Baumkronenabdeckung unterhalb dieses Schwellenwerts nicht aus.
 - GFW hingegen stellt eher den Verlust der Baumbedeckung als die Entwaldung dar und zeigt daher auch Verluste für Gebiete, in denen die Waldbedeckung nicht dauerhaft verloren gegangen ist. Dies führt zu einer wahrscheinlichen Überschätzung der Entwaldung.
 
Angesichts dieser Herausforderungen haben wir die Modelle angepasst, um zwei Schätzungen darüber zu erstellen, wie viel Geld Regenwaldländer aus der TFFF erhalten würden:
- Unsere erste Schätzung des Baumverlusts basiert vollständig auf dem GFW-Datensatz.
 - Unsere weiterentwickelte Standardschätzung passt JRC-Daten zur Schätzung tropischer Waldveränderungen und GFW-Daten für subtropische Waldveränderungen an.
 
Wir haben die Schätzung des Baumverlusts (GFW) vor einem Monat als Teil von TFFF Watch Beta veröffentlicht. Die Standardschätzung ist ab heute verfügbar.

„Keine der beiden Schätzungen berechnet die Zahlungen, die Regenwaldländer von der TFFF erhalten würden, perfekt. Das TFFF-Sekretariat hat noch keine detaillierten Regeln für die Berechnung der Waldveränderungen veröffentlicht, auf deren Grundlage genaue Modelle erstellt werden könnten. Wir glauben jedoch, dass unsere Standardschätzung die derzeit besten verfügbaren Daten zur Verfügung stellt.“ – Tushar Bharadwaj, Remote Sensing Scientist bei Plant-for-the-Planet.
Sobald detailliertere Auszahlungsregeln der TFFF veröffentlicht werden, werden wir unsere Schätzungen anpassen und auf der Plattform tfffwatch.org veröffentlichen.
Wer profitiert von den Milliarden? – Das zeigt die Standardschätzung
Förderfähige Regenwälder gibt es in 74 Ländern (siehe erste Karte). Zehn Länder besitzen zusammen 78 Prozent der weltweit förderfähigen Wälder und könnten damit etwa 78 Prozent aller Auszahlungen erhalten.

Lateinamerikanische Länder würden am meisten von der TFFF profitieren. Mit etwas mehr als der Hälfte aller förderfähigen Wälder haben die Länder der Region auch Anspruch auf etwas mehr als die Hälfte aller potenziellen Auszahlungen.

Brasilien
Kein Land würde mehr erhalten als Brasilien. Derzeit hätte das Land Anspruch auf 31 Prozent der gesamten Auszahlungen des Fonds.

Indonesien
Indonesien könnte ebenfalls eine der höchsten Auszahlungen erhalten (bis zu 447 Millionen US-Dollar pro Jahr), jedoch nur, wenn es die Voraussetzung einer sinkenden Entwaldungsrate erfüllt.

Demokratische Republik Kongo
Die Demokratische Republik Kongo verfügt über den drittgrößten förderfähigen Waldbestand der Welt und über ca. 49 Prozent aller förderfähigen Wälder in Afrika, was sie zu einem weiteren potenziellen Großprofiteur macht (bis zu 460 Millionen US-Dollar pro Jahr).

China
Chinas Entwaldungsrate ist nach wie vor unverändert hoch, sodass das Land aktuell keinen Anspruch auf Zahlungen hätte. Sollte China die Kriterien für eine Auszahlung erfüllen, könnten sich die Zahlungen auf bis zu 296 Millionen US-Dollar pro Jahr belaufen.

Risikominderung für Investorenländer
Nach vollständiger Finanzierung wird erwartet, dass die TFFF jährlich bis zu 4 Milliarden US-Dollar generiert, die für Zahlungen an Regenwaldländer verwendet werden sollen. Selbst nach der großzügigeren Standardschätzung haben die Regenwaldländer zusammengenommen derzeit aufgrund ihrer Entwaldungsraten nur Anspruch auf Zahlungen in Höhe von etwa 2,7 Milliarden US-Dollar. Die verbleibenden Mittel könnten dem Investitionsfonds wieder zugeführt werden, um das Verlustrisiko für den Fonds zu verringern oder künftige Auszahlungen zu erhöhen.

Optimistisch betrachtet könnten diese erhöhten Auszahlungen eines Tages notwendig werden: Wenn alle 74 Länder die Abholzung und Schädigung der tropischen Wälder vollständig beenden würden, hätten sie Anspruch auf jährliche Zahlungen in Höhe von 4,5 Milliarden US-Dollar. Das übersteigt die aktuellen Schätzungen darüber, was eine vollständig finanzierte TFFF generieren könnte.
Ein schwacher Anreiz, die Waldschädigung zu beenden?
Nach den TFFF-Regeln werden Länder für Entwaldung und Waldschädigung mit Strafen belegt. Es werden jedoch nur durch Brände verursachte Waldschäden bestraft. Daher finden wir in Regenwaldländern nur etwa halb so viele strafbare Waldschäden wie strafbare Entwaldung.
Die Strafen für Entwaldung (400 bis 800 US-Dollar pro Hektar) sind viel höher als die Strafen für Waldschädigung (140 US-Dollar pro Hektar). Infolgedessen sind die Gesamtstrafen für Entwaldung mehr als sechsmal so hoch wie die Gesamtstrafen für Waldschädigung. Allerdings wird Ländern, die Waldschädigung oder Entwaldung begehen, die Strafe nur von den TFFF-Auszahlungen abgezogen. Länder, die kein Geld aus der TFFF erhalten, müssen keine aktiven Strafen zahlen.
Dies könnte dazu führen, dass Länder nicht konsequent genug gegen die Waldschädigung vorgehen und sich zur Maximierung der TFFF-Zahlungen lediglich auf die Bekämpfung der Abholzung konzentrieren.
Einschränkungen der TFFF Watch-Daten
Bei der Verwendung der Daten ist Folgendes zu beachten:
- Wir schätzen die potenziellen Zahlungen auf der Grundlage der aktuellen (bis 2024) Entwaldungsdaten. Bis die TFFF die ersten Zahlungen vornimmt, werden die Entwaldungsdaten für 2025 vorliegen, was sich auf die Förderfähigkeit der Länder auswirken wird. Wir werden unsere Schätzungen aktualisieren, sobald diese Daten verfügbar sind.
 - In Bereichen, in denen die Concept Note 3.1 keine detaillierte Methodik vorschreibt, mussten wir Annahmen treffen.
 - Im Rahmen der TFFF muss jedes Regenwaldland sein eigenes Datenmodell (das den technischen Standards der TFFF entspricht) pflegen und seine Ergebnisse einreichen, um seine Auszahlung zu erhalten. Bislang wurden noch keine solchen Modelle veröffentlicht. TFFF Watch ist ein unabhängiges, globales Modell.
 - Da die Concept Note 3.1. keine klaren Regeln dafür vorgibt, wann degradierte Wälder wieder als intakte Wälder gelten, wurden wiederaufgeforstete Wälder in dieser Analyse nicht berücksichtigt. Daher könnten die maximalen Gesamtauszahlungen am Ende etwas höher ausfallen als hier berechnet.
 
Bitte zitieren Sie diese Daten als „tfffwatch.org von Plant-for-the-Planet”.
Entdecke unsere Ressourcen und erfahre mehr über die TFFF:
- Alle Grafiken – Wir helfen gerne mit weiteren Datenvisualisierungen.
 - tfffwatch.org – Alle Daten.
 - Ausführliche Erklärung zum Mechanismus der TFFF.
 
Kontakt für Medienvertreter*innen
Victoria Krumbeck
Pressereferentin
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