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Februar 2, 2023
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35 Millionen Euro an Brasilien – Eine “Nullnummer”

Präsident Lula da Silva braucht für die Rettung des Amazonas-Regenwaldes erhebliche Unterstützung – die fordert Brasilien-Experte Thomas Fatheuer jetzt von der Bundesregierung

Plant-for-the-Planet verfolgt aufmerksam die aktuelle Lage in Brasilien. Wie steht es um Brasiliens Umweltpolitik, die so viel Einfluss auf die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaabkommens hat? Die Hoffnungen sind groß: Präsident Lula da Silva, vereidigt am 1. Januar 2023, hat letztes Jahr auf der Weltklimakonferenz verkündet, die Entwaldungsrate des Amazonas-Regenwaldes bis 2030 auf null zu setzen. Die renommierte Naturschützerin Marina Silva übernimmt erneut das Umweltressort. „Das ist ein klares Zeichen dafür, dass Lula es mit der Umweltpolitik ernst meint“, sagt Brasilien-Experte Thomas Fatheuer. Er hat viele Jahre im größten Land Lateinamerikas gelebt und zahlreiche Studien und Artikel zu Amazonien veröffentlicht. Zuletzt hat er das Büro der Heinrich-Böll-Stiftung in Rio de Janeiro geleitet. Hoffnung macht ihm, dass bereits über 40 Prozent des Amazonas Schutzgebiete sind. Den Wald wolle Präsident Lula ernsthaft schützen und die indigenen Völker respektieren, sagt Fatheuer. Doch die gesetzten Klimaschutzziele sieht Fatheuer kritisch. Zwar klingen sie ambitioniert, sind es aber nicht. „Bis 2030 hat sich Brasilien verpflichtet, seine Emissionen um 50 Prozent gegenüber 2005 zu reduzieren.“ 2005 war die Entwaldungsrate – und damit auch die Emissionen – allerdings sehr hoch .„Die Trauben hingen tief, die Ziele sind bereits jetzt erreicht.“ Auch die Förderung des Tiefsee-Erdöls, Pré-Sal, sieht der promovierte Sozialwissenschaftler bedenklich. „Brasilien ist sehr stolz auf sein riesiges Vorkommen an Erdöl unter der Salzschicht, auch Lula da Silva.“ Aus den Gewinnen soll die Sozialpolitik im Land finanziert werden. Eine schwierige Verknüpfung.

Brasilien-Experte Thomas Fatheuer referierte am Zentrum für Klimaresilienz (ZfK) der Universität Augsburg
Brasilien-Experte Thomas Fatheuer referierte am Zentrum für Klimaresilienz (ZfK) der Universität Augsburg

Am 26. Januar referierte Fatheuer am Zentrum für Klimaresilienz (ZfK) an der Universität Augsburg. Ines Heinbach, neue Mitarbeiterin für PR und Kommunikation bei Plant-for-the-Planet, war vor Ort und hat nachgefragt: „Reicht Deutschlands Unterstützung für die brasilianische Umweltpolitik?“ „Nein“, sagt der Brasilien-Experte. Eine „Nullnummer“ seien die 35 Millionen Euro, die Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für den Amazonas-Fond bereitstellt. Fatheuer verlangt eine Aufstockung.

Die Liste seiner Forderungen ist lang und wortstark. Mit Initiativen wie der Kooperation Brasilien e.V. hat er sie erstellt und der Bundesregierung vorgelegt. Auch Plant-for-the-Planet unterstützt den Appell. Darunter:

  • sofortige Verstärkung der Kontrolle illegaler Aktivitäten in Schutzgebieten
  • die Demarkierung und Konsolidierung von indigenen Gebieten
  • ein leichterer Zugang zum Amazonas-Fond für Organisationen der Zivilgesellschaft und für indigene Völker

Die kompletten Forderungen sind unter diesem Link veröffentlicht.

Plant-for-the-Planet wartet gespannt auf die weiteren Entscheidungen von Bundeskanzler Olaf Scholz nach seiner Brasilienreise – auch hinsichtlich des umstrittenen Handelsabkommens zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur. Luciano Frontelle, Executive Director bei Plant-for-the-Planet Brasilien, ist sich sicher: „Es braucht dringend mehr Investitionen in Klimabildung, um gegen die gängige Meinung anzukämpfen, dass wirtschaftliche Entwicklung durch das Fällen von Bäumen möglich ist.” Mit 75 Akademien und über 3.000 ausgebildeten Botschafter*innen für Klimagerechtigkeit seit 2017 gibt Plant-for-the-Planet Brasilien bereits die Richtung vor.